„Mein Zahnarzt sagt, dass ich eine Krone brauche. Endlich Jemand der mich versteht!“

Oder die Frage: Was ist Hochsensibilität?

„Hochsensibilität“ ist eine genetische Disposition die das Temperament bestimmt. Noch immer wird Hochsensibilität in der Öffentlichkeit eher als störend wahrgenommen. Da Hochsensible prozentual in der Minderheit sind, fühlen sich viele so, als würde mit ihnen etwas nicht stimmen, als wären sie ein Sonderling, falsch und unnormal. Sie empfinden eine Andersartigkeit, die meistens mit einer tiefen Verletzung verbunden ist. „Das hässliche Entlein“ – musste erst herausfinden, dass es gar kein Entlein, sondern ein Schwan war – so geht es vielen Hochsensiblen.

 

 

Sensitiv bedeutet empfindsam, feinfühlig, empfänglich.

 

 

Hochsensible sind Gefühlsmenschen, Menschenkenner, Träumer, Gute Zuhörer, empathisch, feinsinnig, mitfühlend, achtsam, rücksichtsvoll, umsichtig, verständnisvoll, fair, phantasievoll, kreativ, kommunikativ, intuitiv, sozialkompetent, hilfsbereit, harmonieliebend, verantwortungsbewusst, zart besaitet, nah am Wasser gebaut, offenherzig und in Ausnahmesituationen (bei problematischen Lebensumständen) der Fels in der Brandung.

 

 

Hochsensible können eine Situation aus verschiedenen Perspektiven betrachten, sich in andere Personen hineinversetzen und verstehen, in sozialen Situationen vermitteln, sehr komplex denken und analysieren, vorausdenken, planen und Entwicklungen vorhersehen, Ereignisse vorherahnen, Menschen motivieren und begeistern und schnell das Vertrauen von Menschen gewinnen.

 

 

Eine grundlegende Eigenschaft besteht in der sehr sorgfältigen Informationsverarbeitung. Diese Verarbeitung befähigt Hochsensible zu einer ausgeprägten Empfindungsfähigkeit, was bedeutet, dass das Gefühlsleben ganz besonders intensiv ausgeprägt ist. Da Hochsensible deutlich mehr wahrnehmen, fühlen sie sich schneller von Eindrücken überreizt und brauchen dann Ruhe und Rückzug (Erschöpfung). Man kann Phasen bei Menschen beobachten, die längere Zeit im Flow und Erfolg leben und danach in eine Erschöpfungsphase geraten, obwohl sie die ganze Zeit davor glücklich und produktiv waren. Sie verspüren starke emotionale Empfindungen und reflektieren ihre Lebensereignisse überdurchschnittlich = Grübeln, tiefsinniges Nachdenken. Hinter dem Grübeln steckt der Wunsch, keine Fehler machen zu wollen. „Was wäre wenn?“ Sie haben Angst, andere zu verletzen oder zu enttäuschen. Sie erleben soziale Gefühle wie Scham, Schuld, Mitgefühl oder Angst besonders intensiv. Hochsensible Menschen sind auf der Suche nach dem Sinn des Lebens, einem tieferen verstehen der Welt und interessieren sich für Spiritualität. Nichts ist für sie selbstverständlich. Dennoch sehen sie hinter jeder Begebenheit einen tieferen Sinn. Sie haben feine Fühler, mit denen sie kleinste Details und größere Zusammenhänge erkennen. Hochsensible finden sich häufig in sozialen Tätigkeitsfeldern. Sie bilden sich aber sehr häufig ein, dass ihre Arbeit, Ausbildung und Qualifikationen nicht ausreichend sind – sie nicht gut genug sind. Durch die sensorische Empfindlichkeit leiden sie häufig unter Kontaktallergien. Hochsensible gehen davon aus, dass die anderen genauso empfinden, denken und handeln wie sie selbst. Extrovertierte Hochsensible werden oft nicht erkannt, da zw. 70 - 80% der Hochsensiblen introvertiert sind. Sie nehmen überdurchschnittlich viele Informationen über das Ohr auf. Über das Hören nehmen sie Informationen über den Stimmungszustand ihrer Mitmenschen auf. Lügt jemand, spüren sie eine feine Dissonanz. Sie tragen von Kindheit an ein bestimmtes Ideal in ihren Herzen. Es gibt also einfach Dinge in ihrem Leben, die ihnen sehr am Herzen liegen, weil die Seele danach verlangt. Sie verspüren häufig ein intensives Gefühl von Sehnsucht und Weltschmerz. Es werden von außen viele Ansprüche an Hochsensible gestellt, daher versuchen sie sich anzupassen, „richtig“ und unkompliziert zu sein und vergeuden damit viel Lebensenergie. Durch eine zu harte Konfrontation mit Angst auslösenden Reizen reagieren sie kontraproduktiv.

 

 

Empathie

 

Empathie ist ein Ausdruck sozialer Intelligenz. Hochsensible sind Spezialisten darin, sich in andere Menschen hineinzuversetzen, dabei sind sie unmittelbar betroffen, als würden sie selbst das erleben, was ihr gegenüber empfindet. Neurowissenschaftler können dabei eine hohe Aktivität der „Spiegelneuronen“ messen. Sie können auch die verborgenen Motivationen von Handlungen anderer Menschen nachvollziehen. Sie sind in der Lage auch negative Reaktionen wie Wut und Vorwürfe empathisch zu interpretieren und den Leidensdruck ihres Konfliktpartners dahinter wahrzunehmen. Sie nehmen sehr viel Rücksicht auf die ihnen nahestehenden Menschen und tendieren dazu. Ihre eigenen Bedürfnisse den Wünschen anderer unterzuordnen. Sie haben Hemmungen, anderen zu schaden. Solange das Selbstwertgefühl geschwächt und unsicher ist, wird der Hochsensible bei sich selbst die Schuld suchen, wenn ihn andere schlecht behandeln. Sie sind Meister darin, die Gesichter anderer Menschen zu lesen und ihre Gefühlszustände zu erkennen. Sie spüren im privaten und beruflichen Umfeld als Erste, wenn etwas nicht stimmt. (zwischenmenschliche Spannungen, unausgesprochene Konflikte) Wenn sie Ungerechtigkeiten verspüren, legen sie die Finger auch mal auf Wunden und sprechen Dinge an, über die man lieber schweigt. Hochsensible sind empfänglich für Einsichten, die jenseits der Logik oder des kreativen Phantasiespiels liegen. Sie wissen einfach, dass es so ist, wie es ist. Das bedeutet sie nehmen nicht nur einzelne Puzzleteile wahr, sondern können ein größeres ganzes Bild sehen. (ganzheitlich) Diese Momente sind buchstäblich wie Geistesblitze. Ein anderes Wort dafür ist Intuition. Im Bruchteil einer Sekunde erfahren sie Antworten für ein Problem. Der Verlust von Familienmitgliedern oder das Scheitern von Beziehungen kann eine massive Trauer auslösen. Mit dem Unterdrücken der Trauer, entstehen neue Probleme, man verliert das Gefühl von Lebendigkeit.

 

 

„Scanner“

 

Der „Scanner“ ist eine besondere Steigerung der Hochsensibilität. Er „scannt“ seine Umgebung wie eine Radaranlage sehr genau und nimmt Informationen aus seinem Umfeld auf. Bereits nach ein paar Sekunden schätzt er Personen ein, erkennt gefahren oder Streit, der in der Luft liegt. Scanner haben viele verschiedene Interessen und Talente. Sind sehr begeisterungsfähig und wandelbar. Können sich sehr schnell in neue Themengebiete einarbeiten. Sie sind fähig, die verschiedensten Wissensgebiete intuitiv miteinander zu verknüpfen und zu kombinieren. Das Talent des „Scannens“ ist eine hervorragende Begabung um therapeutisch oder beratend tätig zu werden.

 

 

„High-Sensation-Seeker“

 

Sind Ständig auf der Suche nach neuen Erfahrungen und intensiven emotionalen Erlebnissen. Sie verabscheuen Routinetätigkeiten, die zu wenig Stimulation im Nervensystem erzeugen. Sie verlieren dabei schnell die Motivation. Sie haben Schwierigkeiten damit, Wartesituationen auszuhalten oder einfach nur zu Hause zu sein, ohne aktiv etwas zu tun. Solange sich High-Sensation-Seeker über ihre besondere Veranlagung noch nicht bewusst sind, kann dies zur Verzweiflung führen, weil sie einfach nicht wissen, warum sie so handeln.

 

 

 

Hochsensible müssen lernen, das eigene Ich-Bewusstsein zu stärken. Achtsamkeit für die eigenen Körpersignale und Selbstliebe zu entwickeln. Rückbesinnung auf die eigenen Bedürfnisse und darüber sprechen. Konsequente Umsetzung eigener Ziele! (seien sie kristallklar in ihren Zielen und Wünschen) Sich zu erlauben, schwach zu sein. Oftmals müssen wir aber erst von außen bestätigt werden, bevor wir in uns selbst stark sein können. Dass ihr negatives Selbstbild nur eine Reflexion von negativen Erfahrungen ist. Kehren sie das Ganze um, indem sie die Ressourcen entdecken, die sich hinter diesen Themen verbergen.

 

 

Literaturempfehlung:

Harke, S. (2016). Hochsensibel ist mehr als zartbesaitet. Die 100 häufigsten Fragen und Antworten. Petersberg: Verlag Via Nova.

Sellin, R. (2011). Wenn die Haut zu dünn ist. Hochsensibilität – vom Manko zum Plus. München: Kösel-Verlag.

 

 



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